Gambero Rosso

Noch vor wenigen Stunden tafelten wir gemeinsam im Gourmettempel ‚da Gerda‘ in Münster und schlürften feinste Cabernets, Merlots und Gepanschtes aus beidem. Triebaumer, Almaviva oder Schreckbichl sind nur einige Weinhighlights an die ich mich entsinnen kann. Die Namen der Franzosen kann sich ja keiner merken, ich halt nicht. Danke nochmal an G&W!

Und jetzt?
Schmeckt es schon wieder?
Natürlich!

Durch eine Verkettung widrigster Umstände – das Restaurant in meinem Hotel in der fränkischen, 2800 Seelen zählenden Metropole Eibelstadt hat heut zu – sitz ich nun im Eibelstadter Yachthafen in einem winzigen Ristorante namens Gambero Rosso. „Klingt ja vielversprechend“, dachte ich mir vorhin im Hotel, als ich im www nach einer Essensalternative Ausschau hielt. Dass die Jungs hier in Franken Wein anbauen, war mir ja bewusst. Und wo es Wein gibt, gibt’s meist auch was Ordentliches zu essen. Ich stoße recht schnell auf die minimalistisch-stylische Website von Domenico’s Gambero Rosso (http://www.gambero-rosso.eu/uber-uns/menschen ) und das weckt meine Neugier.

Google Maps sagt mir, dass ich lediglich 900 Meter zurücklegen muss, um vom Hotel dorthin zu kommen.
Augenblicke später – Audi sei Dank – wandle ich durch den winzigen Yachthafen und steuere auf eine beleuchtete Terrasse zu.
Das muss es sein. Das ist es!
Hab’s gefunden, das Gambero Rosso da Domenico – an diesem trüben und verregneten fränkischen November-Abend.

Etwa 15 Tische tummeln sich hier in diesem Ristorante, das gleich beim Eintreten eine entspannt, wohlige Atmosphäre verströmt. Kerzenschein, gedämpftes Licht, angenehm ruhig plaudernde Franken.
Einen dieser 15 Tische kann ich ergattern. Ansonsten ist das Lokal recht gut gefüllt.

Il Cameriere präsentiert mir eine kleine Weinkarte, die sehr süditalienisch ausgerichtet ist, gespickt mit wenigen lokalen, fränkischen Gewächsen.
Da mir eine ganze Flasche zu üppig erscheint – ich muss ja schließlich noch mit dem Auto zurück ins Hotel – verzichte ich auf den lokalen Silvaner ‚gelbkalk‘ vom Winzer Zehnthof aus dem benachbarten Sulzfeld. Schade irgendwie, wenn man das hier so liest: http://www.weingut-zehnthof.de/familie.html

Ob der überschaubaren Alternativen unter den offenen Weißen, folge ich der Empfehlung des Cameriere und begebe mich auf eine Expedition auf für mich bis dato unbeschrittene Weinpfade. Weißwein der Sorte Arneis Roero aus dem Piemont hab jedenfalls ich noch nie vorher genossen, zumindest nicht absichtlich oder gar bewusst. Der Wein heißt Tunin und wird vom Weingut La Contea (http://www.la-contea.it/vini-bianchi/arneis-tunin.html) hergestellt. Der Arneis Roero ist perfekt temperiert und präsentiert sich mit auffällig wenig Säure, worauf ich eigentlich nicht so stehe. Gerne gebe ich aber zu, dass der Piemonteser nicht zu breit und lahmarschig rüberkommt. In der Nase – ich google mal schnell – zeigt sich eine runde, leicht grüne Frucht. Hmmm … wär mir persönlich jetzt grad nicht so eingefallen, stimme dem beim nochmaligen Schnuppern aber kopfnickend  zu.
Gaumen? Haselnuss und Feldblumen. Logisch, was sonst?
Der Wein hat angenehme Mineralik, dezente Frucht und geht auch ein wenig ab. Vinophil ausgedrückt würde man halt sagen, er hat zwar keinen bombastischen, aber durchaus spürbaren Abgang.
Zusammengefasst: beverino!

Jedenfalls begleitet mich der Tunin durch den ganzen Abend, in dem ich den Kellner mehrfach bemühe, das Glas nicht leer werden zu lassen.
Kaufempfehlung: buy!

Nun aber zurück zu Domenico:
Die optische Schlichtheit der website führt Domenico auf seiner Tageskarte, oder besser: Tagesschiefertafel, fort.
Lediglich 2 4-Gang-Menüs finden dort Platz, die mir beide schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammen laufen lassen.
Gepeinigt von der Tatsache, heute außer einem kalten, angebissenen McD-ChickendingsbumsBurger noch fast nichts in meinen knurrenden Magen aufgenommen zu haben, entscheide ich mich kurzerhand für das etwas teurere Menü 2. Die € 45 überschreiten zwar meine Reisetagesdiät von € 36, aber druff gschisse – pflegt man hierzulande zu sagen.

Il Primo nennt sich erwartungsvoll ‚Gambero Rosso‘. Das Seafood-Tris von Kabeljau, Schwertfisch und überbackener Jakobsmuschel trifft zeitlich ideal auf meine erste Hungerattacke. Das Gambero-Rosso-Primo ist nicht nur optisch gesehen ein absoluter (Augen)Schmaus. Lecker!

Auf das darauf folgende Secondo freue ich mich schon. Tagliatelle standen auf der Schiefertafel und der Kellner erzählte was von ‚am Tisch zubereitet‘.
Meine Neugier wird befriedigt als Domenico personalmente, einen Laib Grana Padano auf einem Servierwagen an mein Tischchen karrt und die Tagliatelle direkt vor meiner Nase darin zubereitet.
Tagilatelle formaggio vom Feinsten. Sowohl die Größe als auch die Üppigkeit der Portion lassen mir ausreichend Platz und Vorfreude für bzw. auf den Hauptgang.

Das Tagliata (oder die Tagliata?) ist zart rosa gebraten, zugedeckt von einem Rucolabettchen und gekrönt von fast geschmolzenem Grana Padano. Perfetto!
Am Ende des oder der Tagliata bin ich gesättigt aber auch enttäuscht, dass nichts mehr auf dem Teller ist.

Fürs Finale gönnt mir Domenico eine kleine Verschnaufpause. Dann aber darf ich zum Abschluss nochmal ein unaufgeregt italienisches Tris genießen: eine Ecke Tiramisu, ein bisserl Pannacotta und als Highlight ein Gelato di Zucca di Mantova. Also: Eis von mantovanischem Kürbis mit Bitterschokospänen oben drüber. Vor lauter Gier vergesse ich doch glatt, mit meinem Z10 ein Bildchen zu schießen. Tonto io!

Fazit:
Wer sich mal in die Nähe von Würzburg begibt und ein wenig Zeit findet, dem empfehle ich diesen Abstecher – nur unweit der A3 – ins beschauliche Eibelstadt.
Kann mir vorstellen, dass das Lokal besonders im Sommer mit direktem Blick auf den Main sehr einladend sein mag.

Wein heil aus Eibelstadt!

HL

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